Die taktische Übung Leitwerk I/80 war das erste
Gefechtsschießen des FRR-11 auf dem sowjetischen Staatspolygon
in Aschulug und diente zugleich das Erprobungsschießen.Die
Zulassung zum Gefechtsschießen erfolgte vom 12.06.-02.07.1980
im Feldlager Lieberose. Schwerpunkt bildete dabei das Führen
von Luftzielen. Nach der Rückverlegung verblieb das Regiment
nur eine Woche am Standort und begann am 08.07.80 mit der
Eisenbahnverlegung nach Aschulug. Die Verlegung über eine
Distanz von ca. 3.200 km erfolgte in 3
Transporten.
In der Chronik des
Fla-Raketenregiments 11 befindet sich der Bericht des
damaligen Regimentskommandeurs Oberst Bruchmüller über das
erste Gefechtsschießen mit Fla-Raketen des Regiments.
Ich möchte mich hiermit bei Herrn Bruchmüller bedanken,
dass ich Ihn hier veröffentlichen kann. Dieser Bericht ist
vor allem für alle diejenigen gut nachzuvollziehen, die
selbst am Gefechtsschießen in Aschulug teilnahmen. Unabhängig
davon, ob sie nun vor dem Rundsichtgerät, in einer Startrampe
oder in der technischen Batterie oder im LBT Ihre Aufgabe zu
erfüllen hatten:
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Urkunde
für die Teilnahme am Erstschießen - zur Verfügung gestellt von
Andreas Zerbst |
Erinerungen
an mein erstes Gefechtsschießen mit Raketen
von
Oberst Bruchmüller, Frank
Wir
befinden uns auf einem sowjetischen Staatspolygon. Mitten in
von der Sonne verbrannter Steppe. Über 40°C im Schatten
(soweit wir uns welchen geschaffen haben). Wochen intensiver
Ausbildung liegen hinter uns, um die neue Kampftechnik zu
beherrschen. Immer mehr verspürten wir, wie doch solch eine
Kollektivwaffe gerade vom Können des Einzelnen abhängt. Überprüfungen
haben wir mehrere gemeistert. Aber was jetzt uns bevor steht
ist echte Bewährung und erstmalige Bestätigung der Fähigkeit,
die Gefechtsmöglichkeiten der neuen Kampftechnik in der
Praxis wirksam werden zu lassen. Obwohl ich wußte, daß durch
vielseitige Maßnahmen, Aktivitäten und Initiativen der
Personalbestand gut auf das erste Gefechtsschießen
vorbereitet war, durchdachte ich nochmals viele Varianten, die
es geben könnte, um erfolgreich die bevorstehenden Aufgaben
zu meistern. Der Zeitpunkt des ersten Starts war mir bekannt
und rückte immer näher. Dementsprechend nahm die Anspannung
zu. Ringsum ist noch geschäftiges Treiben. Die Verbindung
steht noch nicht so wie es notwendig ist. Nervosität
schleicht sich ein. Die Zeit läuft davon. Von vielen Seiten
werden Hinweise und Ratschläge gegeben. Wolodja, unser
sowjetischer Militärspezialist rät mir, eine schattige
Stelle zu suchen, wo ich mir nochmals ungestört die Aufgabe
klarmachen kann. Viele Fragen gehen mir durch den Kopf. Haben
wir wirklich alles getan, um heute die erste Rakete zu starten
und das Luftziel zu vernichten, dem Personal das notwendige
Selbstvertrauen zu geben, daß es in der Lage ist, mit der
neuen Kampftechnik jeden Luftgegner mit hoher
Vernichtungswahrscheinlichkeit zu bekämpfen ? Bin ich persönlich
Herr der Lage und nervenstark genug, mich voll zu
konzentrieren? Ich denke doch! Plötzlich das erwartete
Signal. Ich nehme meinen Platz in der Feuerleitkabine ein,
rundherum bedrängt durch Kontrolloffiziere. Voll auf das
Sichtgerät konzentriert, beurteile ich die Luftlage. Noch
haben sich die Augen nicht richtig auf die Dunkelheit
eingestellt. Ich spüre auch die Nervenanspannung aller
Genossen. Nur keine Hektik aufkommen lassen- waren meine
Gedanken. Die Verbindung zu allen Einheitskommandeuren steht
stabil. Doch auch hier war in den Stimmen unterdrückte bzw.
beherrschte Erregung zu spüren. Mir tropfte bereits der
Schweiß von der Stirn. Ein Blick zu Wolodja neben mir - er
nickte beruhigt. Endlich ist das erste Ziel zu sehen. Schnell
nochmals alle Kommandos durch den Kopf gehen lassen, damit ich
ja nichts vergesse. Kurz müssen sie sein, denn in wenigen
Sekunden ist alles entschieden. Alle Einheiten melden melden
das Auffassen des ersten Zieles und ihre Bereitschaft zum
Start der ersten Fla-Rakete. Einwandfrei - denke ich- , jeder
will der erste sein. Auf einmal das Kommando des technischen
Leiters: "Antriebe abschalten!". Das Ziel hat den
Sicherheitssektor noch nicht erreicht. Sekunden vergehen und
das Ziel bewegt sich auf Gefechtskurs . Kommandos und
Meldungen erfolgen wie vielfach trainiert, - aber zusätzlich:
"Antriebe zuschalten!" In sekundenschnelle überlappen
sich einige Meldungen. Habe ich alles registriert oder nicht?;
der Zeitpunkt zum Start der ersten Rakete ist gekommen. Wem
erteile ich das Kommando? - den Besten. "Eins und Drei
Start" - wiederhole ich zweimal. Ruhe. Nur auf dem
Sichtgerät sehe ich wie sich die Echosignale von Ziel und
Rakete nähern und Zielvernichtung. Keine Zeit zum Luftholen
bleibt. Das nächste Ziel ist im Anflug. Kommando's, Meldungen
- alle haben das neue Ziel aufgefaßt. Die Zwei und die Vier
werden es genauso packen - sind meine Gedanken und gebe die
Kommandos zum Start. Erregt die Meldung, daß Vier nicht
startet. Keine Zeit zu fragen: Warum? - das Ziel kommt
bedenklich näher. Also "Drei-Start" Schon beim
ersten Aufatmen wird die Zielvernichtung registriert. Wolodja
gratuliert mir - aber was ist mit der Vier? Daß die
Verbindung unterbrochen war, erfahre ich erst viel später.
Wichtig ist erst einmal, das wir die Feuertaufe mit der
Zielvernichtung bestanden haben - am 24.07.1980, 15:00 MEZ:
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Start der ersten
3M9 des FRR-11(Foto Truppenchronik des FRR-11)
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Vorbeimarsch des Regiments zum
Abschlussappell 1980/ Regimentsführung mit Oberst Bruchmüller,
OSl. Rinkleben, Mj. Kath, OSl. Hänsel/ Foto: FRR-11; Sammlung
Jörg Freiwald |

Tribüne mit Oberst
Bruchmüller, GenMj. Zeh (Div.Kdr. 11.MSD) Oberst Klose (CTLA
11. MSD) und Gen.Mj. Kneiphoff CTLA NVA; Foto:
FRR-11, Sammlung Freiwald
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Verabschiedung von den der
sowjetischen Kontrolloffizieren
Foto:
FRR-11, Sammlung Freiwald |